Sigmund Freud

Sigmund Freud (geboren am 6. Mai 1856 in Freiberg in Mähren als Sigismund Schlomo Freud; gestorben am 23. September 1939 in London) war ein österreichischer Arzt, Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und 
Religionskritiker.
Er ist der Begründer der Psychoanalyse und gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien und Methoden werden bis heute diskutiert und angewendet, aber auch kritisiert. Zum Teil erfahren sie Bestätigung durch die Erkenntnisse der noch jungen Neuropsychoanalyse.

Freud berichtete in seiner Selbstdarstellung 1925d, dass er einer Vorstellungen Carl Hansens beiwohnte:
„Noch als Student hatte ich einer öffentlichen Vorstellung des „Magnetiseurs Hansen beigewohnt und bemerkt, daß eine der Versuchspersonen totenbleich wurde, als sie in kataleptische Starre geriet und während der ganzen Dauer des Zustandes so verharrte. Damit war meine Überzeugung von der Echtheit der hypnotischen Phänomene fest begründet.“ (Freud 1925d, 40)

Freud bei Charcot:
Freud war Sekundararzt am allgemeinen Krankenhaus in Wien als er 1885 mit Hilfe eines Stipendiums nach Paris fuhr zu Charcot an die Salpetriere, der Hysterikerinnen in Hypnose versetzte und studierte. Freud war mit Benedikt und Obersteiner bekannt und über sie mit der Literatur bereits vorher vertraut. Er kehrte als Befürworter Charcots und als sein Übersetzer 1886 nach Wien zurück und eröffnete eine eigene nervenärztliche Praxis, in der er neben den damals gängigen Prozeduren wie Elektrotherapie, Mastkuren, Massagen u.a. auch Hypnose in der Behandlung von Hysterien einsetzte. Hier aber schlug er, angeregt durch die Erfahrungen Breuers einen anderen Weg ein.
Charcot bewies, dass der eine Lähmung, die infolge eines Schocks nach einem Eisenbahnunglück entstand, auch mit Hilfe der Hypnose erzeugen konnte. „Die hypnotische Suggestion fungierte für die Paris als das experimentelle Mittel, das es erlaube, die „traumatische Neurose“ als eine Form der Hysterie zu verstehen.“ (Andreas Mayer, 138) Freud begann sich für den Unterschied von psychischer und organischer Lähmung zu interessieren.
Charcot hielt aber immer an der Degneration als Ursache von Hysterie fest und konzentrierte sich auf die Erforschung und Klassifizierung verschiedener Typen von Hysterie, ihm war letztlich nicht an der Heilung, geschweige denn am Verständnis der psychologischen Hintergründe der Symptome gelegen war.
Das Modell der traumatischen, also der erworbenen Hysterie übernimmt Freud und es wird für ihn Ausgangspunkt für die Erforschung der Genese der Hysterie, die mit Hypnose, also mit psychischen Mitteln, beeinflussbar und für ihn prinzipiell damit auch heilbar war. Bestärkt wurde er darin durch die  Erfahrungen Breuers.

Die Rezeption über die Kritik der Kollegenschaft an Freuds Auffassungen ist geteilt.
Freud selbst berichtet von einer Ausgrenzung, die ihm damals widerfahren war, Jones vertrat diese Einschätzung in seiner Freud-Bographie. (Freud, 1925d,  39; Jones, 1953 229ff).
Für Ellenberger ([1970] 1996, 595ff) und Sulloway ([1979] 1992, 35ff) war diese Kritik gerechtfertigt. Hirschmüller (1991, 211ff) nimmt einen mittleren Standpunkt ein.
Mit seinen Übersetzungen der Bücher Charcots und Bernheims erwuchs Freud jedenfalls eine wichtige Position in der Verbreitung der beiden französischen Schulen. Den Übersetzung fügte er in Vor- und Nachworten seinen eigenen Standpunkt hinzu und steuerte damit auch die Rezeption in Wien. Freud dürfte ungefähr 10 Jahre die Hypnose angewendet haben – von 1886-1896 (siehe Freud 1905a)
Zwar hingen die Wiener Ärzte inzwischen überwiegend der Schule von Nancy an, aber die Auseinandersetzung in Wien betraf mehr die Frage, ob Hypnose nicht doch grundsätzlich abzulehnen sei, so sehr war sie in Wien in die Nähe der Schaubuden gerückt und in der Wiener Diskussion war die Hypnose nicht als experimentelles Verfahren angesehen.

Freud in Nancy 1889
Sommer 1889: Freud reiste für mehrere Wochen zu Bernheim und Liébeault nach Nancy, er soll dort vom Schweizer Psychiater Auguste Forel eingeführt worden sein. (Studienausgabe, Editorische Vorbemerkung zu Freud 1990b, S. 15). Er lässt eine seiner Patientinnen (Cäcilie M) nachkommen und von Bernheim hypnotisieren.
„In der Absicht, meine hypnotische Technik zu vervollkommnen, reiste ich im Sommer 1889 nach Nancy, wo ich mehrere Wochen zubrachte. Ich sah den rührenden alten Liébault bei seiner Arbeit an den armen Frauen und Kindern der Arbeiterbevölkerung, wurde Zeuge der erstaunlichsten Experimente Bernheims an seinen Spitalspatientinnen und holte mir die stärksten eindrücke von der Möglichkeit mächtiger seelischer Vorgänge, die doch dem Bewusstsein des Menschen verhüllt bleiben. Zum Zwecke der Belehrung hatte ich eine meiner Patientinnen bewogen, nach Nancy nachzukommen. Es war eine vornehme, genial begabte Hysterika, die mir überlassen worden war, weil man nichts mit ihr anzufangen wusste. Ich hatte ihr durch hypnotische Beeinflussung eine menschenwürdigere Existenz ermöglicht und konnte sie immer wieder aus dem elend ihrer Zustände herausheben. Daß jedes Mal nach einiger Zeit rückfällig wurde, schob ich in meiner damaligen Unkenntnis darauf, daß ihre Hypnose  niemals den Grad von Somnambulismus mit Amnesie erreicht hatte. Bernheim versuchte es nun mit ihr wiederholte Male, brachte es aber auch nicht weiter. Er gestand mir freimütig, daß er die großen therapeutischen Erfolge durch die Suggestion nur in seiner Spitalspraxis, nicht auch an seinen Privatpatienten erziele. Ich hatte viele anregende Unterhaltungen mit ihm und übernahm es, seine beiden Werke über die Suggestion und ihre Heilwirkungen ins Deutsche zu übersetzen.“ (Freud 1925d, 41)
Es zeigt sich, dass Freud die Hypnose zur therapeutischen Arbeit, aber auch zur Entwicklung seines eigenen Verständnisses vom menschlichen Geist und der Psychodynamik sowie zur Erforschung und Begründung seiner theoretischen Annahmen benötigte und nutzte. Für die Entwicklung der Psychoanalyse war die Hypnose sogar
grundlegend: “Man muß der alten hypnotischen Technik dankbar dafür bleiben, daß sie uns einzelne psychische Vorgänge der Analyse in Isolierung und Schematisierung vorgeführt hat. Nur dadurch konnten wir den Mut gewinnen, komplizierte Situationen in der analytischen Kur selbst zu schaffen und durchsichtig zu erhalten” (Freud, 1914b, S. 127).
Obwohl Hypnose in Freuds Augen die anfänglichen Erwartungen für die Therapie nicht erfüllt hat, so hat sie doch viel zum Verständnis theoretischer Zusammenhänge beigetragen. Die Psychoanalytiker sollten sich als ihre „rechtmäßigen Erben“ (Freud, 1917b, S. 482) betrachten. Hypnose ermögliche es, Zusammenhänge zwischen seelischen Prozessen und den durch diese beeinflussten körperlichen Erscheinungen zu erkennen; die Ähnlichkeit zwischen hypnotischen und neurotischen Phänomenen war von Interesse und führte zur Erforschung der Neurosen (Freud, 1923).
Auch wenn Freud sie nicht vollkommen durchschauen und erklären konnte, hielt er Hypnose für eine ungefährliche Methode (Freud, 1895d). Es ist jedoch anzunehmen, dass Hypnose für ihn nicht die geeignete Methode darstellte (Hole, 2003). Er konnte sich ihre Wirkmechanismen nicht erklären, fühlte sich ihren Effekten ausgeliefert, die sich zum Beispiel auch auf die Therapeut–Patient–Beziehung auswirken konnten (Chertok, 2009), und wusste therapeutische Erfolge nicht immer nachzuvollziehen bzw. kritisierte deren Flüchtigkeit.

Freuds Anerkennung der Hypnose
Es ist jedoch auch zu sagen, dass Freud die Nutzung der Hypnose für die Psychotherapie als angenehm bezeichnete, da diese leichter und in kürzerer Zeit als die Psychoanalyse durchzuführen sei (Freud, 1917a, b). Seine Haltung zur Hypnose war demnach nicht ausschließlich negativ. Er zollte der hypnotischen Suggestion zeitlebens
Hochachtung (Schröder, 1991; Kinzel, 1993) und empfahl sogar die kombinierte Anwendung von Hypnose und Psychoanalyse, wenn es für die Behandlung der Problematik des Patienten angebracht erschien. Dies wurde vor allem gegen Ende des Ersten Weltkrieges deutlich. Hier wurde die Psychoanalyse vor die Frage einer effektiven
Behandlung der psychischen Kriegsfolgen (Kriegsneurosen) bei Soldaten gestellt.
Freud bezog hierzu auf dem 5. Internationalen Psychoanalytischen Kongress 1918 Stellung und merkte an, dass Hypnose und Suggestion auch in Kombination bzw. im Rahmen der Psychoanalyse ihre Verwendung finden könne und werde (Kinzel, 1993).
Gleichzeitig wies er auf den hohen Bedarf an psychoanalytischer Behandlung in der armen Bevölkerung hin. Auch für diese müsse der Zugang zur Psychoanalyse ermöglicht werden. Allerdings sei dann eine Anpassung der Psychoanalyse an die neuen Bedingungen nötig: “Wir werden auch sehr wahrscheinlich genötigt sein, in der Massenanwendung unserer Therapie das reine Gold der Analyse reichlich mit dem Kupfer der direkten Suggestion zu legieren, und auch die hypnotische Beeinflussung könnte dort wie bei der Behandlung der Kriegsneurotiker wieder eine Stelle finden”
(Freud, 1919, S. 249).
Hier kann Freuds Position zur Verwendung der Hypnose zu Beginn des 20. Jahrhunderts klar herausgestellt werden. Es ist offensichtlich, dass er sich der Bedeutung und Hilfe der hypnotischen Therapie nach wie vor bewusst war, auch wenn er sie aus oben angeführten Gründen aufgegeben hatte. Obwohl Freud vermutlich nie selbst Kriegsneurotiker behandelte (Ellenberger, 2005), konnte er sich – unter der Bedingung des Primats der Psychoanalyse – auf den Gedanken an eine Kombination von Psychoanalyse und Hypnose einlassen. In der zusätzlichen Nutzung der Hypnose im Sinne einer Vereinfachung und mit dem Ziel der Therapieverkürzung sah er durchaus eine praktikable Möglichkeit. Auch aus psychoanalytischer Sicht konnten und können hypnotische Techniken in Kombination mit der Psychoanalyse im Sinne der Effektivität ihre Berechtigung haben.

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