Hippolyte Bernheim

Hippolyte Marie Bernheim (* 17. April 1840 in Mulhouse/Elsasse; † 2. Februar 1919 in Paris) war ein französischer Internist, Psychiater, Neurologe und Hypnoseforscher.
Bernheim studierte an der Universität Straßburg, wo er 1867 als Doktor der Medizin graduierte. Im selben Jahr wurde er Lektor an der Universität und etablierte sich in der Stadt als Psychiater. Als 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg Straßburg an Deutschland fiel, zog Bernheim wieder nach Nancy, an deren Universität er 1879 Professor für Inner Medizin wurde.

Als die medizinische Fakultät um 1880 das Fach Hypnose aufnahm, zeigte Bernheim sich davon begeistert und wurde bald einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet. 1882 übernahm Bernheim die von dem „ärztlichen Magnetiseur“ Ambroise-Auguste Liébeault (1823–1904) entwickelte Methode der „Suggestion“ in die Schule von Nancy. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Hypnose hauptsächlich als Showeffekt genutzt worden. Bernheim widersprach der damals verbreiteten These, nur Hysteriker könnten hypnotisiert werden. Vielmehr war er der Meinung, die Hypnose wäre ein normales, unpathologisches Phänomen, das als psychische Reaktion auf Suggestionen eintrete und nicht, wie damals oft vermutet wurde, von Magneten und Metallen beeinflusst werden konnte. Die von ihm 1884 formulierte Suggestionslehre löste ältere Hypnose- bzw. Somnambulismus-Konzepte des Mesmerismus und der Od-Lehre Reichenbachs ab.
Liebault und Bernheim kamen auf die Idee, unterschiedliche hypnotische Tiefen für verschieden auftretende Probleme zu nutzen, sowie die Verwendung von sich wiederholenden Suggestionen.
1884 definierte Bernheim die Suggestion als “der Einfluss, welcher, durch eine vorgeschlagene Idee vom Gehirn akzeptiert wird”, dann 1886 als eine “Idee, die vom Betreiber konzipiert, vom Hypnotisierten angenommen und von seinem Gehirn akzeptiert wird”.

Eine der ersten Zeugenberichte über therapeutisch bedingt falsche Erinnerungen geht auf Bernheim in den 1880er Jahren zurück.
Er suggerierte seiner Patientin Marie, dass sie Zeugin einer Vergewaltigung eines junges Mädchens durch einen älteren Jungen war. Als die Sitzung vorbei war, sagte er ihr:
“Dies ist kein Traum; Das ist keine Vision, die ich Ihnen während Ihres hypnotischen Schlafes gegeben habe; es ist die Wahrheit selbst; und wenn dieses Verbrechen später untersucht wird, so werden Sie die Wahrheit sagen” (Bernheim, 1889, S. 165).
Drei Tage später befragte einer von Bernheims Freunden Mary über dieses angebliche Ereignis und sie erinnerte sich perfekt daran, einschließlich der Namen des Vergewaltigers und seines Opfers, sowie Datum, Uhrzeit und Ort.
Bernheim testete dann Maries Vertrauen in ihrer Aussage, indem er sie fragte ob es sich vielleicht um eine “Vision wie die, die er ihr früher gewöhnlich im Schlaf vorgeschlagen hat” handle.
(Bernheim, De la Suggestion et de son Application à la Thérapeutique, 1887, S. 12)
Aber sie blieb hartnäckig bei der Wahrheit der Geschichte. Sie stimmte sogar zu, in einem Prozess unter Eid auszusagen.
Bernheim hob, im Zuge seiner Forschung über Suggestion den Begriff des Placebo-Effekts hervor,wobei Placebo neben der Hypnose eine der Schlüsselfiguren darstellt. (De la suggestion et de ses applications thérapeutiques, Bernheim H., 1886).
Im Jahr 1889 besuchte der Wiener Arzt Sigmund Freud Bernheim und ließ sich über dessen Experimente mit der sogenannten „posthypnotischen Suggestion“ informieren. Aus Bernheims Versuchsergebnissen folgerte Freud, dass es ein Unbewusstes geben müsse.
1903 vertrat Bernheim die Ansicht, dass Hypnose nicht von Suggestibilität abgegrenzt werden kann.
Er erklärt, dass “die Suggestion aus der alten Hypnose geboren wird so wie die Chemie aus der Alchemie geboren wurde”.
Er gibt die Hypnose allmählich auf, mit der Behauptung, dass seine Auswirkungen ebenso leicht im Wachzustand durch Suggestionen zu erwarten sind, gemäß einer Methode, die er Psychotherapie nennt.
Im Jahr 1907, schlägt Bernheim in Le docteur Liébeault et la doctrine de la suggestion, das Konzept des Ideodynamismus vor, nach der “jede vorgeschlagene Suggestion dazu neigt, zur Handlung zu werden”.
Während seiner Professur an der medizinischen Fakultät von Nancy (1910–1919) vertrat Bernheim die Ansicht, das Unterbewusstsein sei die Brücke zwischen Arzt und Patient, wenn der Patient sich Krankheiten nur einbilde. So berichtet er in seiner Suggestiven Therapeutik unter anderem von einem Fall von Zungenlähmung, die er vollständig heilte, indem er dem Patienten von einem neuen, völlig sicher heilenden Gerät erzählte und dann einen sofortigen Erfolg erzielte, als er ihm ein – vom Patienten nicht als solches erkanntes – Fieberthermometer in den Mund steckte. In einem anderen Fall verabreichte er einer Patientin, die nicht mehr in der Lage war zu sprechen, vor der versammelten Studentenschaft einige leichte Stromstöße am Kehlkopf, die keinerlei medizinische Wirkung hätten haben dürfen – was der Patientin aber nicht bekannt war. Auch sie war auf der Stelle geheilt.
Im Jahr 1909 wurde Bernheim Präsident des „Internationalen Vereins für Medizinische Psychologie und Psychotherapie“.

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