Innere Reaktionen

Wird eine Information vom System als bedeutend eingestuft, reagiert es automatisch darauf, indem es seinen Zustand verändert. Die Art und der Ort der Veränderung hängen stark vom Wesen und von der Herkunft der Information ab. Die inneren Reaktionen können sowohl von der Begierde nach etwas ausgelöst werden, als auch von der Angst vor einem Ereignis. Der Einfachheit halber gehen wir hier von einer bedrohlichen Information aus und durchlaufen die verschiedenen Stufen der inneren Reaktionen. Auch wenn oft gleichzeitig äußere Reaktionen mit ablaufen, werden diese erst im nächsten Kapitel bearbeitet.

1. Körperliche Empfindungen

Die erste innere Reaktion betrifft immer eine körperliche Empfindung. Es kann sich dabei um eine Rötung handeln, ein Schwitzen, ein Kribbeln oder gar die Veränderung des Herzschlags oder der Atmung. Sinn dieser inneren Reaktion ist es, das System dazu zu veranlassen, seine momentane Position aufzugeben, um die richtige Handlung in Bezug auf die Information zu unternehmen. Sollte die Handlung des Systems Erfolg haben, verschwindet die Empfindung wieder und das System kehrt zum ursprünglichen Zustand zurück.

2. Emotionen / Gefühle

Sollte das System nicht auf die Information reagieren können, weil eine zweite innere oder äußere Information die Reaktion verhindert, entsteht ein Konflikt. Jetzt werden andere Teile des Gehirns wie das limbische System in die Lösung des Konflikts mit eingebunden und die körperlichen Empfindungen verstärken sich. Dadurch werden sie für den Betroffenen besser spürbar, was dann als Emotion bezeichnet wird. Es gibt eigentlich nur zwei Grundemotionen: Zum einen gibt es die Begierde nach etwas, das das System braucht, um zu überleben, z.B. einen Partner. Diese Emotion wird oft mit Liebe bezeichnet. Zum anderen gibt es die Abneigung gegen etwas, das eine Gefahr andeutet. Diese Abneigung steigert sich im Falle eines Konfliktes zu Angst. Alle anderen Emotionen sind Abstufungen der beiden eben genannten.

3. Innere Bilder, Klänge und Gedanken

Findet das System immer noch keine Lösung für den inneren Konflikt, so wird der Intellekt eingeschaltet. Es entstehen Bilder und Klänge, eventuell Stimmen im Kopf, die um den Konflikt kreisen. Durch diese Bilder kann der unbewusste Teil dann eine Lösung finden. Da das System keinen Zeitbegriff kennt, funktioniert es vor allem mit Bildern und nicht mit Logik. Deshalb spielen Bilder eine wichtige Rolle bei der Lösung von Konflikten. Bilder aus schon erlebten, ähnlichen Situationen beinhalten meistens auch einen Lösungsvorschlag. In der Aufarbeitung der Lebensstrategie ist es deshalb auch sehr Erfolg versprechend, wenn Bilder und bildhafte Geschichten mit eingebunden werden. Bei extrem lebensbedrohenden Gefahrenmomenten kommt es vor, dass das System den gesamten Lebensfilm blitzschnell ablaufen lässt, um bis zur Konzeption alle gespeicherten Informationen abzufragen. Natürlich wird auch der „Denker“ mit seinen logischen Fähigkeiten zugeschaltet, der aber kaum Chancen zur Lösung hat, weil er auf einer anderen Ebene arbeitet. Oft findet das System aber in einer Geschichte oder in einem erlebten früheren Ereignis die Lösung und der Konflikt ist vorbei.

4. Körperliches Empfinden

Sollten auch die Bilder und Klänge im Kopf keine Lösung des Konflikts herbeigeführt haben, bildet sich das Individuum eine Meinung betreffend seiner eigenen Rolle in der Situation. Dies nennt man im französisch „Ressenti“ (Wiederempfinden). Es wird dabei festgestellt, dass wenn ich keine Möglichkeit habe, den Konflikt zu lösen, dies wohl an mir liegen muss. Es entstehen vor allem Schuldgefühle und Minderwertigkeitsgefühle mit all ihren Abstufungen. Dies führt natürlich zu einem Verhalten, das den anderen Leuten in der Gruppe auffällt. Es werden Fragen gestellt, man kümmert sich um einen und so kann auch diese Taktik des Systems zu einer Lösung des Konflikts führen, indem man auf jemanden trifft, der die Konfliktsituation aus einer neutralen Perspektive sieht und vielleicht den erwarteten Lösungsvorschlag anbietet.

5. Körperliche Symptome

Sollte auch durch das innere Empfinden keine Lösung in Sicht kommen, reagiert das System mit körperlichen Veränderungen beziehungsweise Symptomen. Dies können Funktionsausfälle sein oder Gewebe- und Organveränderungen. Hierzu gehören alle sogenannten psychosomatischen Krankheiten. Viele Forscher gehen heute davon aus, dass alle Krankheiten, von denen man die Ursache nicht kennt, solche innere Reaktionen sind, Reaktionen auf ungelöste Konflikte. Wenn wir das Krankheitssymptom als Steigerung in der Suche nach einer Lösung des Konflikts sehen, so kann man sich fragen wie sinnvoll ein Krankheitssymptom sein kann, das dem Träger doch Leid zufügt, ihm Schmerzen bereitet und ihn womöglich sogar tötet. Die Krankheit dient vielleicht unbewusst dazu, Mitmenschen zum Mitfühlen zu bewegen, wodurch sie dem Kranken eine Lösung seines Konfliktes anbieten können, da sie selbst die Symptome nicht haben und nicht im Problem gefangen sind. Vielleicht hat die Krankheit früher auch verhindert, dass derjenige, der krank war, aus der Gruppe ausgeschlossen wurde. Darüber hinaus scheint die Krankheit oft unbewusst eine Lösung zu sein, da sie dem Kranken sekundäre Vorteile verschafft, die er meistens nicht bewusst als solche wahrnimmt.

Zusammenstellung der inneren Reaktionen

Hier sehen wir die Steigerung der Lösungsversuche, symbolisch dargestellt durch die roten Stufen. Jede Stufe beinhaltet alle vorherigen Stufen. Daraus kann man schlussfolgern, dass jemand, der körperliche Symptome hat, sich auch ein persönliches Empfinden der Situation zurechtgelegt hat, dass ihm Bilder durch den Kopf gehen und dass er von Emotionen getrieben wird, deren Ursprung eine einfache, kaum wahrnehmbare körperliche Empfindung war. Diese inneren Reaktionen begleiten jedes Verhalten. Aus diesem Grund ist es immer wichtig, jemanden, der ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag legt, wie z.B. Aggression, zu fragen, was er innerlich dabei empfindet. Dies ist besonders bei Kindern wichtig, weil diese sich oft nicht trauen, über ihre Gefühle zu sprechen.