William James

William James (* 11. Januar 1842 in New York; † 26. August 1910 in Chocorua New Hampshire) war ein US-amerikanischer Psychologe und Philosoph. Von 1876 bis 1907 war er Professor für Psychologie und Philosophie an der Havard University. James gilt sowohl als Begründer der Psychologie in den USA, als auch als einer der wichtigsten Vertreter des philosophischen Pragmatismus.
James gilt als Begründer der amerikanischen Psychologie als Wissenschaft. Auf ihn geht die Einführung des Fachbereichs Psychologie an US-amerikanischen Universitäten zurück. Seine psychologischen Theorien nahmen Grundideen der Gestaltpsychologie und des Behaviorismus vorweg und sind eine wichtige Grundlage der Religionspsychologie.

Die wesentliche Neuerung von James ist, dass er die Psychologie naturwissenschaftlich auffasste und in seiner Theorie eine Verbindung von Bewusstseins- und Gehirnzuständen herstellte. James betrachtete Körper und Geist als zusammengehörige Teile eines einheitlichen Organismus. Der Gegensatz von Leib und Seele, wie er in der bisherigen Assoziationspsychologie behandelt worden war, wurde damit aufgehoben und durch einen psychophysischen Funktionalismus ersetzt. James hat auch selbst die Hypnose praktiziert, er hat Patienten in Hypnose untersucht und behandelt (Darstellung in: 1896 b, 73 ff).
1889 nahm er am 1. Kongreß für experimentelle und therapeutische Hypnose in Paris (8.-12. August) teil, an dem auch Freud teilgenommen und auf dem der Streit zwischen Bernheim und Janet über die (generelle oder nur spezifische) Anwendbarkeit der Hypnose ausgetragen wurde. Ellenberger (1970, 360)
William James’ „Strom des Bewußtseins” behauptet, James habe großen Einfluß auf Janet ausgeübt. In den „Principles” zitiert er ausführlich die klinischen Berichte über Janets Untersuchungen mit „multiplen Persönlichkeiten”.
James interessieren dabei die Gemeinsamkeiten dieser pathologischen Phänomene mit den alltäglichen Erscheinungen — des Vergessens, der falschen Erinnerung, der Träume. In allen Fällen ginge es um „Erinnerung”. „The possession of the same memories” sei dasjenige, was die Einheit der Person erst herstelle.
„Wie sehr sich auch der Erwachsene vom Jugendlichen, der er einmal gewesen war, unterscheiden mag, beide können rückblickend die selbe Kindheit ihre eigene nennen” (1890, 352). „Es gibt keine andere Identität als die im ‚Strom’ des subjektiven Bewußtseins erlebbare. Die Gleichheit der einzelnen Momente im Kontinuum der Gefühle konstituiert die wirkliche und als wirklich erfahrene „persönliche Identität”, die wir fühlen. Wenn die Verknüpfung an irgendeiner Stelle reißt, ist die erlebte Einheit verloren. Wenn jemand eines schönen Tages aufwacht, unfähig auch nur eines seiner früheren Erlebnisse zu erinnern, so daß er seine Biographie von vorne beginnen muß; oder wenn er nur die bloßen Fakten in kalter Abstraktheit erinnert, so als seien sie irgendwann einmal geschehen; oder wenn, ohne solchen Gedächtnisverlust, alle seine Angewohnheiten über Nacht von ihm abgefallen sind, so daß jedes Organ, jede Bewegung ihm fremd geworden sind ebenso wie sein Denken, dann fühlt er, er sei eine andere Person. Er verleugnet sein früheres Ich (me), gibt sich selbst einen neuen Namen, identifiziert sein gegenwärtiges Leben mit keinem Moment seines früheren. Solche Fälle sind keine Seltenheit im Bereich der Psychiatrie . . . ” (319).
Diese pathologischen Fälle zeigten für James nur zugespitzt die Möglichkeiten unseres Bewußtseins.
1896, in den „Lowell-Lectures” an „Exceptional Mental States”, dienen sie ihm, wie den französischen Psychiatern, als Beleg für die Existenz des Unbewußten. Jeder von uns habe zwei simultan operierende Systeme intelligenten Bewußtseins, eines oberhalb der Schwelle der „awareness” und eines unterhalb, mit separaten eigenen Charakteristika (1896 b).
Jedoch ist das „Unbewußte” nur ein, systematisch nicht weiter ausgebautes, Zwischenglied in der theoretischen Entwicklung James’. Ihm liegt die Vorstellung der Verbindung, des Zusammenhangs (des Bewußtseins) näher. In den „Varieties” bezieht er sich (wieder) ausdrücklich auf F. W. H. Myers’ Konzept des „subliminal consciousness” (1892), das er als „die — unterbewußte — Fortsetzung unseres bewußten Lebens” versteht, der „Hintergrund, gegen den sich unser bewußtes Wesen reliefartig abhebt” (467 1 ).
Im Unterschied zu Freud war für James das Unbewusste ein „persönliches Unbewusstes”, an die Erfahrung des Individuums gebunden, wenn auch diesem nicht mehr zugänglich. Unser normales Bewusstsein „ist lediglich ein kleiner Tropfen aus dem großen Ozean des möglichen menschlichen Bewusstseins, von dessen Grenzen wir keine Ahnung haben” (1898, 322). In den „alternate personalities” kommen Dimensionen jener weiteren Bereiche zum Ausdruck, die normalerweise dem Wachbewusstsein nicht zugänglich seien. Sie können diesen sogar überlegen sein. „In solchen Fällen, wo die sekundäre Persönlichkeit der primären überlegen ist, scheint es vernünftig anzunehmen, daß die primäre die kranke ist. Das Wort Hemmung (inhibition) bezeichnet ihre Dumpfheit und Melancholie . . . und die Veränderung (der Persönlichkeit, KJB) kann man als Aufhebung der Hemmungen betrachten, die sich seit Jahren erhalten haben” (1890, 363). „Wir alle kennen solche Hemmungen aus Zeiten, in denen wir über unsere geistigen Ressourcen nicht verfügen” .

Hypnose sei ein Mittel, diese Bereiche der Erfahrung experimentell zugänglich zu machen, bzw. darzustellen, die normalerweise nur in Momenten der Inspiration und der Krise sich von selbst eröffnen. Darin lag zum großen Teil die Faszination der Hypnose auf die Zeitgenossen. Lears sieht hierin den Ausdruck für die „Suche nach dem authentischen Selbst” der Zeit, für die „Sehnsucht nach der Reintegration der Persönlichkeit”, den Versuch, dem Gefühl der Auflösung des Selbst entgegenzuarbeiten, dem Bewußtsein, daß Identität des Ich problematisch geworden war (117).

Quelle: Die Selbstfreisetzung des Ich in der Metapher seiner Auflösung: William James’ „Strom des Bewußtseins” Klaus-Jürgen Bruder